Von den Piraten eingebracht (Gesetzesentwurf). Wurde mehrheitlich von CDU, SPD und Grünen abgelehnt (Plenardebatte).

Angebrachte Gegenargumente

  1. Einschränkung der Ernsthaftigkeit der politischen Entscheidung (Heinz Bierbaum, Linke): Ersatzstimme würde eine Beliebigkeit schüren: “Na gut, Partei A kam nicht rein, dann wähle ich halt Partei B.” Ähnliches Argument von CDU: “Wenn Sie vor dem Traualtar stehen und der Priester Sie fragt, ob Sie diese Frau heiraten wollen, dann müssen Sie Ja oder Nein sagen. Sie können nicht sagen: „Ja, aber wenn es mit der nicht klappt, dann nehme ich eben die andere!“ (Heiterkeit.) So ist das im Leben. So gehört sich das auch in der Politik. Und ich finde, das ist auch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren.”
    • Einordnung: Ansichtssache. Mit der Argumentation müssten auch konsequenterweise Stichwahlen abgeschafft werden. Die Ersatzstimme kann gedanklich als 2. Wahlgang vorgestellt werden (s.o.).
  2. Bevorzugung großer Parteien (Heinz Bierbaum, Linke): Die Ersatzstimme würde große Parteien bevorzugen, da Wähler, die befürchten, dass ihre bevorzugte kleinere Partei es nicht ins Parlament schafft, eine größere Partei als Ersatz wählen würden​.
    • Einordnung: Falschbehauptung. Der Effekt, die Stimme lieber einer sicher einziehenden Partei zu geben statt der bedrohten Lieblingspartei, besteht bereits im jetzigen Wahlsystem. Eine Ersatzstimme würde diesen Effekt von der Hauptstimme entfernen und auf sich ziehen. Dadurch, dass mithilfe der Ersatzstimme mehr Stimmen Berücksichtigung finden werden, wird zwar die Gesamtzahl der Stimmen (und damit die Legitimation) der einziehenden Parteien größer. Dies ist aber keine Bevorzugung der großen Parteien, da der Zusatz an Stimmen erst aus den Ersatzstimmen resultiert, deren jeweilige Hauptstimme bei einer Kleinpartei keine Berücksichtigung fand. Im Gegenteil, ein zu erwartender Effekt ist durch den Wegfall der taktischen Wahl eine Verlagerung der Hauptstimme von großen auf die tatsächlich präferierten Parteien (was bei taktischem Wahlverhalten typischerweise kleinere Parteien sein dürften).
  3. Verfassungsrechtliche Bedenken (Petra Berg, SPD): Die Ersatzstimme verstoße gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl, der eine vorbehaltlose und bedingungsfreie Stimmabgabe erfordere. Die Ersatzstimme ist jedoch an die Erfolglosigkeit der ersten Stimme gebunden, was zu verfassungsrechtlichen Problemen führe.
  4. Auszählung aufwendiger (Petra Berg, SPD): Die Auszählung der Ersatzstimmen wäre praktisch schwierig umzusetzen und würde den Prozess erheblich verkomplizieren​.
    • Einordnung: Zwar ist der Auszählaufwand größer, aber dennoch problemlos durchführbar, wie es in den USA in 50 Regionen sogar bei der Präferenzwahl mit mehreren Nebenstimmen vorgemacht wird.
  5. Keine verlorene Stimme (Heinz Bierbaum, Linke): Eine Stimme für eine Partei, die es nicht ins Parlament schafft, solle nicht als verloren betrachtet werden, da sie Teil des politischen Wettbewerbs ist und zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung beiträgt. Denn Politik finde auch außerhalb des Parlaments statt.
    • Einordnung: Ansichtssache. Vielleicht ist nicht die Stimme verloren, aber ihre Wirkung auf die Verteilung der Parlamentssitze ist definitiv verloren.
  6. Reduzierte Eindeutigkeit der Wahl (Heinz Bierbaum, Linke): Die Einführung einer Ersatzstimme würde der Eindeutigkeit der Wahlentscheidung widersprechen, da die Stimmabgabe klar und eindeutig sein solle.
  7. Verkomplizierung: Ziel solle sein, das ohnehin schon komplizierte Politik- und Wahlsystem einfacher zu machen.
    • Einordnung: Ansichtssache. Trade-off zwischen Einfachheit und vielen anderen Faktoren wie Fairness usw.
  8. Mehr taktisches Wählen: “Noch mehr taktische Überlegungen als eigene Überzeugungen.”
    • Einordnung: Unbelegt. Wie oben erklärt wird der Effekt taktischer Stimmabgabe auf die Ersatzstimme verlagert, nicht verstärkt. Die wirklich wichtige Hauptstimme kann nach der reinen Erstpräferenz abgegeben werden (keine Wahltaktik).